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Steg: Im Wallis schwimmt man erfolgreich gegen den Strom

Strikter Zeitplan mit Pausen, Läufe verteilt über einen ganzen Tag, Vorauszahlung  und das ganze erst noch draussen bei Wind und Wetter. Was für viele Agility Sportler wie ein Albtraum klingt, ist gleichzeitig auch die Beschreibung für Steg sein, eines der grössten Agility Turniere der Schweiz. Doch warum nehmen annähernd 350 Teams den weiten und teilweise umständlichen Weg durch den Lötschberg oder dem Rohnetal entlang trotzdem auf sich? Wir haben uns dazu auf eine kleine Spurensuche ins Wallis begeben und versuchen diese spezielle und wohl einzigartige Atmosphäre in Worte zu verfassen.

Mit dem Wort Atmosphäre haben wir wohl schon den grössten Aspekte erwähnt. Den diese ist definitiv einzigartig. Der eigentliche Wettkampf steht da und hier schon im Hintergrund  Vielmehr zählt das Zusammensein, das Feiern und sich einfach gemütlich zu entspannen bei schönstem Wetter. Das dies nicht immer so ist, geht nach diesem heissen und sonnigen Wochenende auch gut und gerne einmal vergessen. Man erinnere sich an die Ausgabe 2013, wo ein starker Schneeschauer das ganze Oberwallis über Nacht in eine weisse Winterlandschaft verwandelte. Alles kein Problem. Die emsigen Helfer des veranstaltenden Vereins HSV Oberwallis haben innert Kürze Holzschnitzel aufgetrieben und den Schnee beiseite geräumt. Das selbst die Starter dabei mitgeholfen haben zeigt den hohen Stellenwert des Turnieres – und die Walliser Unerschütterlichkeit. Wahrscheinlich hätten die Organisatoren selbst bei einem Bergsturz noch einen Plan B im Köcher.

Schlicht und einfach weil man im Wallis stolz auf das wohl grösste Turnier der Schweiz ist. Stolz auch, all die Starter während zwei oder mehr Tagen bei sich zu haben. Denn einige reisen bereits einen oder zwei Tage früher an, und bleiben dann auch noch eine Nacht länger. Bei vielen anderen Veranstaltungen wohl undenkbar, im Wallis selbstverständlich. Und irgendwie spürt man diesen Stolz auch bei den vielen Zuschauern, welche Jahr für Jahr in die Industrie- und Sportzone pilgern und das Geschehen auf dem Fussballfeld verfolgen. Regelkenntnisse hin oder her, den Leuten gefällts. Sobald man aus dem Loch des altehrwürdigen Lötschberg-Tunnels fährt und einem die Sonne begrüsst, dann dürften sich die meisten sowieso wie in den Ferien fühlen. Sorgen und Kummer bleiben auf der Alpennordseite. Doch reicht dies alleine aus um jedes Jahr aufs neue an die 350 Leute anzulocken? Denn Wettkämpfmässig hat sich in den letzten Jahren eigentlich nicht viel geändert. Selbst der Zeitplan und die Ringaufteilung wurde nur geringfügig angepasst. Ganz nach dem Motto: Warum etwas ändern was seit Jahren funktioniert. 

Aber genau dieser Punkt ist das spannende. Denn an vielen anderen Orten, dessen Veranstalter sich nicht weniger Mühe geben, funktioniert eben genau dies nicht mehr. Ganztagesturniere finden sich kaum mehr im Kalender. Aussenturniere finden immer weniger statt, und wenn doch, dann nur mit einer geringen Zahl an Startern und mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Westschweiz oder im Tessin. Ein Turnier mit Vorauszahlung? In der Schweiz eigentlich kaum Praxis. Ein zweitägiges Turnier ohne einen Final? Und zu guter Letzt ein Zeitplan der keine vorzeitigen Starts duldet, gemäss Lautsprecherdurchsagen vergangenen Samstag. Selbst wenn es dabei nur um zwei Minuten geht. An allen anderen Turnieren würde sich spätestens da Unmut breit machen. In Steg nicht. Da geht man zurück zum Wohnwagen oder zum Zelt und sitzt die Zeit gemütlich mit seinen Freunden ab, oder geht mit den Hunden auf einen gemütlichen Spaziergang entlang der Rhone. Ein Spaziergang der dieses Jahr allerdings etwas getrübt wurde durch Giftködermeldungen auf der Westseite beim nahen Campingplatz. Giftköder zur Bekämpfung von Ratten. Auf der Ostseite sorgte die wohl noch gefährlichere Prozessionsraupe für Gefahr. Die Veranstalter haben da aber toll reagiert und mehrmals per Lautsprecher darauf hingewiesen. Der Stimmung hat auch dies keinen Abbruch getan.

Nun dürfen wir gespannt sein auf die nächste Ausgabe am 11. und 12. Mai 2019. Natürlich wieder in Steg auf dem Fussballplatz mit improvisierten Campingplatz. Natürlich wieder mit Käse, Raclette und Festzelt. Denn warum etwas ändern was seit Jahren funktioniert? Gelegenheit auch für all diejenigen, welche das in wenigen Minuten aufgebaute Wurfzelt einmal im Jahr benützen, die Gebrauchsanleitung zu studieren um es in wenigen Stunden wieder einzupacken.

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