Immer schneller und immer mehr. Was im Alltag vorgelebt wird, macht auch im Hundesport nicht halt. Die Anforderung an Hund und Mensch steigen von Jahr zu Jahr. Ein Ende dieser Entwicklung ist, zumindest in nächster Zeit, nicht absehbar. Wir beleuchten in einer dreiteiligen Serie die Entwicklung vom Breitensport bis hin zum Leistungssport. Ein Fortschritt, der nicht nur positiver Natur ist und durchaus auch kritische Fragen aufwirft.
- Teil 1: Einleitung und Infrastruktur
- Teil 2: Der Mensch und die Hunde
- Teil 3: Training und Vermarktung
Im Kern ist eigentlich alles beim Alten geblieben. Das offizielle Regelwerk der FCI hat in den letzten Jahren lediglich kleinere Anpassungen – sozusagen etwas Kosmetik – erhalten und hinkt dem Laufe der Zeit hinten nach. Man könnte einen Vergleich zum ebenfalls träge anmutenden Fussballweltverband, der FIFA ziehen. Mit dem Unterschied, dass die Landesverbände im Agility über deutlich mehr Freiheiten verfügen und ihre Regelungen zum Teil selbst auslegen dürfen. Glücklicherweise wird es auch regelmässig gemacht. Ein konkretes Beispiel dazu: Der Wassergraben wurde 2002 aus dem Reglement gestrichen. Viele Landesverbände verzichteten aber schon Jahre vorher auf das nicht ganz unkomplizierte Gerät. Dasselbe Schicksal wird sich im Jahr 2018 mit dem Tisch wiederholen. Ebenfalls ein Gerät, welchem kaum mehr Beachtung geschenkt wird. Auch hier zieht die FCI gezwungenermassen nach und wird das Hindernis aus dem Regelwerk streichen. Dann wird auch die Grande Nation Frankreich nachziehen müssen, und auf den überaus geliebten Tisch verzichten. Doch warum ist der Tisch überhaupt in die Jahre gekommen?
Veranstaltungen unterschiedlichster Art leben heutzutage immer mehr von Spektakel und Action. Das ist gewissermassen auch im Hundesport so. Denn ganz ehrlich, wer möchte heute noch 5 Sekunden zuschauen, ehe der Hund auf Anweisung seines Herrchens weiterspringen darf. Lustig war es zwar allemal, als der Tisch an der Weltmeisterschaft in Luxemburg sein kleines Revival erlebte und mehrmals zum Einsatz kam. Allerdings war dies mehr den meist jüngeren Hunden geschuldet, die das Gerät noch nie zuvor gemacht haben. Ein ähnliches Bild zeichnet sich auch langsam bei den Zonengeräten ab. War es früher noch gang und gäbe den Hund am Ende der A-Wand und des Laufstegs warten zu lassen, zählt heute jede Zehntelsekunde. Sehr zur Freude der Zuschauer, die jedes funktionierende Durchrennen der Zonen frenetisch bejubeln. Eine Entwicklung der letzten drei bis vier Jahre, die gerade noch in der Anfangszeit auf viel Kritik stiess. Der Hund könnte sich aufgrund der hohen Geschwindigkeit, die auf der dünnen Planke erreicht werden schwer verletzen. Die Anhänger der Running Contacts konterten damals wie auch heute noch, ebenfalls mit einem gesundheitlichen Aspekt. Nämlich demjenigen des abrupten Bremsens und den dabei entstehenden Belastungen der Gelenke. Die Wahrheit dürfte sich wohl irgendwo in der Mitte befinden. Doch mehr dazu im zweiten Teil. Heute gilt die Devise: Wer vorne mitlaufen will, kommt heute so gut wie nicht mehr um die Running Contacts herum.
Vergleich Laufsteg Jenny Damm und Pascal Mauroux
Bis auf die anfangs nur zaghaft geänderte Sprunghöhe sind die Hindernisse seit Jahren ganz die Alten. Ob diese Tieferlegung der Hürden auf Dauer förderlich oder schädlich für die Gesundheit der Hunde ist, sei dahingestellt. Denn tiefer bedeutet automatisch auch schneller. Viele Geräte haben lediglich optische und haptische Anpassungen erhalten, aber kaum welche an die immer schnelleren Hunde. Das höchste der Gefühle waren die Belagsänderungen der Zonengeräte oder den sichereren Befestigungsmaterialien beim Tunnel. An Innovationen würde es dem Sport beileibe nicht mangeln. Innovationen, die eigentlich der Sicherheit der Hunde dienen würden. Ein interessantes Beispiel dazu ist eine Mauer bestehend aus einer Art Polyethylenschaum des niederländischen Herstellers Benatwork. Selber Hersteller führt auch einen überarbeiteten Sacktunnel, bei welchem der feste Teil ebenfalls durch diese Art von Polyethylenschaum ersetzt wurde, im Sortiment. Bis diese Ideen aber offiziell bei Turnieren Anwendung finden und nicht nur bei einer Handvoll Veranstaltungen, kann es noch einige Jahre dauern. Der Sacktunnel ist ebenfalls ein Gerät, dass aus einer Zeit stammt in der die meisten Hunde noch bedacht durch den Sack schlüpften. Und wenn nicht, dann war dies nicht weiter schlimm, da das nächste Hindernis in den meisten Fällen in einer geraden Linie direkt voraus positioniert war.
Ein weiteres Zeichen Richtung Leistungssport ist der Wechsel in die Halle und dem Einsatz von Kunstrasen. Getreu dem Motto: immer schneller und immer mehr. Agility ist nun jederzeit und unabhängig von Wind und Wetter möglich. Durch den Kunstrasen, der früher höchstens an einer Weltmeisterschaft zum Zuge kam, haben sich über die Jahre hinweg völlig neue Führungstechniken entwickelt. Angepasst an das höhere Tempo der Hunde und Menschen auf Kunstrasen. Dutzende Hallen sind über die letzten Jahre hinweg entstanden oder zu einer voll ausgestatteten Agility-Halle umfunktioniert worden. Tendenz steigend. Denn einige interessante Projekte stehen noch in der Pipeline.
Bei all diesen aufgezählten Punkten sollten wir uns alle bewusst sein, dass der Hund in erster Linie immer ein Tier bleibt. Ein Tier, welchem am Ende egal ist, ob man auf dem ersten oder dem fünften Rang steht. Schliesslich wäre dieser Sport auch ohne unseren besten vierbeinigen Freund gar nicht möglich und schon gar nicht so facettenreich. Doch dazu mehr im zweiten Teil der Serie.