Es war einmal mehr ein Spektakel sondergleiches vergangenes Wochenende, die Agility Schweizermeisterschaft zu Gast im Seeland in Fräschels. Am Ende eines langen Finaltages gab es in Fräschels drei neue Schweizermeister zu feiern und etliche tragische Figuren. Während die neuen Schweizermeister der Small- und Mediumkategorie wohl jeder auf seiner Liste hatte, war dafür der Large-Wettbewerb umso verrückter. Wir lassen das wichtigste Agility Turnier der Schweiz noch einmal Revue passieren.
Man konnte den Veranstaltern, rund um Heinz Gassmann wohl schon vor dem Finale ein Kränzchen widmen, denn das Organisationsteam hatte stets alles im Griff. Beispielsweise auch dank vielen freiwilligen Helfern, innert Kürze eine zusätzliche Tribüne für das Finale aufzustellen, wenn dann auch während des Finales der eine oder andere Platz leer blieb. Für alles andere sorgten die Sportler und natürlich auch die beiden Finalrichter aus dem Norden. Bonnik Berthelsen aus Dänemark und Seppo Savikko aus Finnland. Letzterer eröffnete das Finale mit einem relativ kurzen, aber schnellen Jumping für die Small- und Medium-Hunde. Sicherlich ein guter Einstand für ein Finale. Für Claudia Schwab und Mitch war es ein schlechter. Als erstes Team überhaupt eröffneten die beiden das Finale. Das Siegerduo der diesjährigen European Open brachte den Lauf allerdings nicht durch. Damit war die erste grosse Favoritin auf den Titel bereits ausgeschieden. Immerhin gabs später im Agility-Lauf etwas Trost, mit einem deutlichen Sieg. Der zweite grosse Favorit war Martin Eberle und Eyleen, mit dem Unterschied, dass die beiden nach dem ersten Lauf auf dem ersten Zwischenrang standen und ein stattliches Polster von 0.75 Sekunden auf den späteren drittplatzierten Marco Gander und Julie vorwiesen. Aber eben, es war das Finale der tragischen Figuren. Und eines davon war definitiv Martin Eberle. Der alles und entscheidende Lauf war noch keine 5 Sekunden im Gang, da löste Sheltie-Eyleen die Wippe zu früh aus. Aus der Traum.
Die Gunst der Stunde zunutze machte sich Evelyne Hunkeler und Lenny. Wie so oft behielten die beiden die Nerven in beiden Läufen und absolvierten die beiden gestellten Kurse mühelos. Platz eins und nach zuletzt 2014, wieder auf dem Podium. Damals noch Dritte, durften die beiden heuer ganz nach oben. 29 Hundertstel dahinter, also praktisch nichts, ist Jeannine Gloor mit Jungspund T-late. Die beiden waren dieses Jahr das eine oder andere Mal etwas glücklos. Dafür hat es am Sonntag im richtigen Moment gepasst. Sicherlich ein Duo, welches wir in den nächsten Jahren immer mal wieder auf einem Podest sehen dürften. Am Ende gab es von den insgesamt 27 Finalisten, nur deren sieben Teams, welche einen Doppelnuller über die beiden Zielsprünge brachten. Im Falle von Sandro Matter und Dune mit viel Glück und interessanten Rettungsaktionen, sehr zur Freude der Zuschauer vor Ort. Damit lösen Evelyne Hunkeler und Lenny, die amtierende Titelverteidigerin Claudia Schwab und Jet ab. Letzterer wurde durch Claudia aus dem Agility-Zirkus zurückgezogen, daher stand schon vor dem Finale fest, dass es einen neuen Small-Sieger geben wird.
Video von http://www.agility-sm2016.ch/
Small
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Evelyne Hunkeler mit Lenny
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Jeannine Gloor mit T-late
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Marco Gander mit Julie
Mit demselben Kurs des finnischen Richters Seppo Savikko starteten die Medium-Hunde in das Finale. Für Claudia Schwab galt es nun, den verpatzten Start mit Mitch möglichst schnell ad Akta zu legen und sich auf Mylo zu konzentrieren. Denn auch bei den Medium-Hunden startete sie mit einer tiefen Nummer ins Rennen. Als Dritte, nach Stephanie Hundt und Navy sowie Titelverteidiger Florian Cerny und Suki. Beide brachten einen fehlerfreien und schnellen Lauf durch und besetzten zu diesem Zeitpunkt logischerweise die Plätze eins bis zwei. Unbeeindruckt vom vorherigen Lauf absolvierte Claudia Schwab und Mylo den Parcours. Man könnte sagen, das war: Klasse trifft auf Erfahrung. Das Team verbesserte die bis dato aufgestellte Bestzeit von Stephanie Hundt um 0.24 Sekunden. Diese blieb bis am Ende bestehen. Eine spannende Ausgangslage für den letzten Durchgang, den Agility-Lauf. Diesen, ebenfalls einem Finale mehr als würdigen Kurs stellte nun Bonnik Berthelsen auf. Schnell wurde klar, der Däne hatte eine ganz eigene, eher lasche Art die Zonen zu richten. Immerhin blieb er seiner Linie durchwegs treu. Eine erste Richtzeit, im Kampf um die Plätze auf dem Podium stellte Simone Abplanalp und Deiju auf. Als dann ein Team später Florian Cerny und Saible-Sheltie Suki nicht ganz an die Zeit herankamen und Letizia Grunder mit Mudi Nomade ausschieden, war der Podestplatz für Simone sicher. Während derjenige von Florian trotz Doppelnuller für einen Moment auf der Kippe stand. Erst als sich dann Stephanie Hundt, respektive Navy im Slalom verhedderte, war der zweite Podestplatz in Folge sicher. Damit stand schon fest: Die neue Schweizermeisterin wird eine Frau, entweder Simone Abplanalp oder Claudia Schwab. Claudia Schwab absolvierte trotz, oder eben gerade mit Druck einen fehlerfreien Lauf und krönte sich damit zur Schweizermeisterin 2016.
Video von http://www.agility-sm2016.ch/
Medium
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Claudia Schwab mit Mylo
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Simone Abplanalp mit Deiju
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Florian Cerny mit Suki
Die neue Finalregelung sorgte in den beiden ersten Kategorien für zwei sehr unterhaltsame Wettkämpfe. Gespannt war man daher auf das Large-Finale, mit Achtung: 73 Finalisten. Man kann den beiden Richtern wirklich nicht viel anhängen. Die beiden trugen einen grossen Teil zum gelungenen Finale bei. Die beiden wussten um die Wichtigkeit ihres Auftritts und nahmen ihre Aufgabe sehr ernst. Bei allem Ernst litten oder lachten auch sie das eine oder andere Mal mit den Sportlern und den Zuschauern mit. Grosses Kino! Ganz ohne strittige Entscheide oder Stellen auf dem Parcours gings aber auch im Finale nicht. Large Jumping-Richter Bonnik Berthelsen stellte den Pneu, in einer für die Hunde schwierigen Linie. Der per se schon geschasste Pneu sorgte so für etliche Fehler, Verweigerungen oder gar Ausfälle. Das sorgte schon nach dem ersten Durchgang für eine bunt gemischte Zwischenrangliste. Natalie Bannwart und Jace, Pascal Mauroux und Atomic und als dritter Simon Tabourat mit Xcell. Diese Drei waren nach dem Final-Jumping auf den ersten drei Plätzen. Martin Eberle mit French auf Platz vier in Lauerstellung. Silvan Zumthurm, der sich mit beiden Border Collies für das Finale qualifizieren konnte, stellte mit Fleece die Bestzeit auf. Allerdings warf Fleece dabei eine Stange herunter. Statt dem ersten Platz musste er den letzten Lauf vom 28. Platz aus in Angriff nehmen, direkt nach Caly. Die Hündin riss die Startstange.
Trotz vieler Fehler versprach die Ausgangslage ein spannendes Finale. Mit gespannten Blicken verfolgten die Large-Finalisten das Geschehen auf dem Kunstrasen, als Seppo Savikko die Nummern für den Finalparcours verteilte. Die A-Wand als zweitletztes Hindernis, der Laufsteg als viertletztes Hindernis und etliche schnelle Passagen mit vielen Verleitungen. Schnell wurde klar, hier wird es nicht viele fehlerfreie Läufe geben. Ein Grossteil der Finalisten blieb bereits beim vierten Gerät, dem Slalom mit einem schnellen Einstieg hängen. Eigentlich nichts Unlösbares, die meisten dürften so was im Training immer mal wieder bewältigen. Und diejenigen, welche es über den Slalom hinaus geschafft hatten, fielen zu einem grossen Teil dem gestreckten roten Tunnel mit einem verleitenden Sprung, unmittelbar nach dem Tunnel zum Opfer. Nicht so Silvan Zumthurm mit beiden Hunden. Erst ein fehlerfreier und schneller Lauf mit Caly, dann, nach einer kurzen dreiminütigen Verschnaufpause auch mit Fleece. Er hat mit beiden Hunden noch das Maximum herausgeholt, alles andere lag nun nicht mehr in seiner Hand. Als dann Evi Vorburger und Byra, unmittelbar nach Silvan ihren Lauf sicher ins Ziel brachten, war schnell klar, dass es mit einem Fehler aus dem ersten Lauf nicht weit nach vorne reichen würde. Evi Vorburger und Byra waren das erste Team mit Doppelnuller.
Und dann, mit Platz 23 im ersten Durchgang startete Irène Mauroux mit Adrenaline in den Parcours. Scheinbar mühelos führte die Westschweizerin Groenendael Adrenaline durch die Hindernisse. Jedenfalls übernahm sie vorerst den neuen Spitzenplatz vor Evi Vorburger, aber bei noch etwas mehr als zwanzig Startenden, war es natürlich nur eine Frage der Zeit, bis sie einige Plätze weiter nach hinten rutschte. Ebenfalls Slalomfehler bei Vanessa Gandoy und Dzeko, Verweigerung bei Ruedi Bähler und Thirza, Wippenflieger bei Ciro Fumarola und Lady. Ähnlich erging es den Nächsten vier Startenden. Silvan Zumthurm bis dahin nach wie vor auf den Plätzen drei und vier, Irène Mauroux auf Platz eins. Der Nächste am Start war Pascal Risi mit Gwyn, achter Platz nach dem Jumping. Das Duo scheiterte aber, wie so viele ebenfalls am langgezogenen Tunnel mit anschliessendem Sprung. Als dann auch Jan Habegger, Peter Vickus und Patrick Ernst ihre Läufe nicht ins Ziel brachten, respektive nicht fehlerfrei absolvierten durfte man in der Westschweiz, und speziell in der Familie Mauroux jubeln. Einen Podestplatz an der diesjährigen SM hatte man schon auf sicher. Dann war Martin Eberle mit French unterwegs. Und er war lange richtig gut und schnell unterwegs, bis zum Laufsteg, der in diesem Finale noch einmal eine wichtige Rolle spielen wird. Erst das grosse Aufatmen bei Martin Eberle als French sauber innerhalb der markierten Zone zum Stehen kam, und wenige Hundertstelsekunden später der Schock als ihm French in den Rücken fällt, und statt Richtung Tunnel erneut zum Laufsteg ansetzt. Damit war klar, dass es auch dieses Jahr kein Podestplatz für Martin Eberle gibt, wie bereits ein Jahr zuvor in Oberriet. Zur Erinnerung: 2014 in Lengnau war der erfolgreichste Schweizer Agility-Sportler aller Zeiten in allen drei Kategorien auf dem Podium vertreten.
Nun war der Podestplatz von Irène Mauroux bereits sicher. Lange Zeit deutete alles auch auf einen Podestplatz für Simon Tabourat und Xcell hin, bis das Ausnahmetalent ebenfalls den Laufsteg passierte. Erstmals blieb die Hand des finnischen Richters eine Weile unten, ehe er denn Stegabgang doch noch als Fehler anzeigte. Ein grosses Raunen ging durch die Ränge in Fräschels, insbesondere als Simon wenige Sekunden später das Ziel mit der deutlichen Bestzeit passierte und gar Silvan Zumthurms Zeit in den Schatten stellte, der nach wie vor auf Rang drei am Zittern war. Womit wohl am Frühstückstisch im Hause Mauroux niemand gerechnet hätte, war nun Tatsache. Pascal Mauroux mit Atomic im direkten Duell gegen seine Frau Irène Mauroux um den Schweizermeistertitel. Und irgendwie hätte man annehmen können, dass die beiden den Kurs schon etliche Male absolviert hätten. Wie bereits seine Frau zirkelte auch er Atomic mit einer Leichtigkeit durch den anspruchsvollen Parcours. Als er den Laufsteg passierte, rechneten alle in Fräschels bereits mit der Doppelführung der Familie Mauroux. Doch eben, es war das Finale der Tragödien und es sollte alles anders kommen als erwartet: Atomic übersprang die Zone auf der A-Wand… Als Letzte am Start war Natalie Bannwart und Jace. Ein sicherer fehlerfreier Lauf hätte den beiden eigentlich gereicht. Doch was sich in Worten ziemlich einfach niederschreiben lässt, ist in der Wirklichkeit alles andere als leicht. Das Duo konnte die Ausgangslage ebenfalls nicht nutzen und verabschiedeten sich nach der Hälfte des Parcours ebenfalls aus dem Titelrennen. Ein Rennen, das zu diesem Zeitpunkt für Irène Mauroux und Adrenaline entschieden war. Dahinter ebenfalls mehr als überraschend Evi Vorburger und Byra, die sich auf dem Podest die eine oder andere Träne nicht verkneifen konnte. Und als Dritter zwar nicht unbedingt überraschend, aber überraschend insofern, da Silvan Zumthurm und Fleece mit fünf Fehlerpunkten aus dem ersten Durchgang kaum mehr mit einem Podestplatz rechnen konnten.
Large
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Irène Mauroux mit Adrenaline
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Evi Vorburger mit Byra
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Silvan Zumthurm mit Fleece