Neben dem sportlichen Teil sorgten die European Open 2016 besonders durch organisatorisches Chaos für viel Gesprächsstoff und Fragen. Ein Kommentar und Rückblick der etwas anderen Art zur zweitgrössten Agility-Veranstaltung, welche diesem Status heuer nur teilweise gerecht wurde. Von Knochenbrüchen, langen Wartezeiten und Startlisten, die auf den ersten Blick eigentlich niemand so richtig versteht. Die Vorfreude auf das Erste der beiden grossen internationalen Turniere war riesig. Für einige währte die Vorfreude nur kurz und endete am Veterinärcheck. Besonders speziell erschien der Fall eines finnischen Kontrahenten, der bisweilen im eigenen Land bei den Small-Hunden mitmischte. In Frankreich wurde dieser aber nun 39 Zentimeter gemessen und wäre damit klarer Medium-Hund. Auch die Schweiz musste schon vor der Eröffnungszeremonie aus dem gleichen Grund auf zwei Gesichter verzichten. Dafür gab’s viele Fragezeichen und kopfschütteln bezüglich der Messungen vor Ort, aber auch die Methodik im eigenen Land wurde angezweifelt. Auf der Facebook-Diskussionsseite der Schweizer Agility-Szene liesen die ersten kritischen Stimmen dazu natürlich nicht lange auf sich warten. Oder anders ausgedrückt: Die Grundsatzdiskussion ist losgebrannt.Die erste Schocknachricht war noch kaum verdaut, da folgte schon die nächste. Denn auch für Bea Tanner waren die European Open früher beendet als gedacht. Bruch an Arm- oder Handgelenk und vorzeitiger Abreise in ein Schweizer Spital. Passiert ist der Vorfall während dem ersten Einsatz und einem vorangegangenen Regenschauer über Frankreich. Bea rutschte kurz nach dem Start auf dem nassen Rasen aus und verletzte sich beim Versuch den Sturz aufzufangen. Unter Schmerzen lief sie den Lauf für das Team noch zu Ende. Gäbe es also die Tapferkeitsmedaille, dann hätte diese Bea auf sicher verdient. Wir wünschen an dieser Stelle alles Gute und eine schnelle Genesung. Der nasse, seifige Untergrund forderte weitere Opfer. Während die meisten Stürze zum Glück noch glimpflich ausgingen, hatte eine Startende aus Tschechien weitaus weniger Glück. Diagnose: Beinbruch! Als der Rasen langsam anfing zu trocknen und die Anzahl Stürze immer weniger wurden, fand ein weiteres umstrittenes oder viel diskutiertes Bild den Weg auf Facebook. Geschossen wurde das Bild von unseren finnischen Kollegen von koirakuvat.fi. Auf der Aufnahme ist ein Border Collie am Ende des Slaloms zu sehen, was auf den ersten Blick wie ein übliches Agility-Bild klingt. Eines von vielen, denn auch Border Collies finden sich auf Hundesportplätzen wie Sand am Meer. Ungewöhnlich und fragwürdig am Bild ist viel mehr die Art und Weise wie der Slalom verankert ist, oder eben in diesem Fall gar nicht. Die Folge: Der Hund und wahrscheinlich wird es nicht der Einzige gewesen sein wird durch das viel zu stark federnde Hindernis regelrecht um die Stange gewickelt. Ob da eine Verankerung produktiv oder kontraproduktiv gewesen wäre, sei dahingestellt. Auch ist es lediglich eine Momentaufnahme, die immer mit Vorsicht zu geniessen sind. Wir wären aber froh, müssten wir solche Bilder nicht sehen, wenn auch das Bild an sich Extraklasse und unser finnischer Kollege im richtigen Moment abgedrückt hatte.Ansonsten verlief der sportliche Teil weitestgehend ohne Probleme. Wir wollen schliesslich auch nicht die ganze Zeit meckern. Viel mehr interessierten uns als Zuschauer die Resultate. Erste Anlaufstelle dazu ist üblicherweise die offizielle Homepage des Veranstalters. Ehrlich gesagt wäre es aber auch zu einfach diese Seite einfach so auf Google zu finden. Schlagwort um Schlagwort, doch die Ergebnisse bleiben aus. European Open 2015, Junior European Open und selbst unsere Seite erscheint bei allen eingegebenen Begriffen. Also mühsam den Browserverlauf durchstöbern und, ahja, da ist sie doch. Die Suche hätten wir uns dann auch gleich ganz sparen können. Auf der Resultatsseite stand dann nämlich lediglich “test”. Keine Live-Ergebnisse oder überhaupt aktuelle Ranglisten. Gut, die Athleten vor Ort teilten dasselbe Schicksal und waren bis weit in die Nacht ebenfalls ahnungslos. Immerhin hat man sich im Verlauf des Turniers gesteigert und die Ranglisten zeitnah veröffentlicht, zumindest vor Ort. Im Internet mussten die Resultate und Ranglisten von Leuten, die vor Ort waren, mühsam von Hand aus vielen Beiträgen herausgesucht werden.Die andere Möglichkeit den Anlass zu verfolgen war der Livestream von working-dog.eu. Wer das nötige Kleingeld dazu hatte, konnte dem Stream beiwohnen. Ob der Preis von 29 Euro oder 15 Euro pro Tag gerechtfertigt ist oder nicht, ist jedem Selbst überlassen. Wir finden jedenfalls ja, denn immerhin braucht es dazu jede Menge Equipment und Personal. Zudem wurde den Zuschauern ein wirklich toller Service mit einem stabilen und gut auflösenden Stream geboten. An dieser Stelle widmen wir den fleissigen Mitarbeitern und Helfern von working-dog.eu ein Dankeschön. Trotz improvisierten und handgeschriebenen Startlisten Seitens Veranstalter, behielten die Jungs aus Kabelsketal stets den Überblick.Für die nächste Überraschung sorgten die Veranstalter am Samstagmorgen gleich selbst. Alle am Vorabend ausgegebenen Startlisten für den Samstag wurden, warum auch immer, geändert. Um hinter das ausgeklügelte System dieser Startlisten zu kommen, blieb für viele zu wenig Zeit. Die Devise war dann Hauptsache den Parcour abzulaufen. Startnummern hin oder her. Im Internet, definitiv kein Ort, an dem nur Nettigkeiten ausgetauscht werden, wurde die Veranstaltung immer mehr mit Spott und Hohn eingedeckt. In erster Linie standen aber die sportlichen Leistungen im Vordergrund. Trotz bescheidener Unterlage, heiss diskutierten Hindernissen, gab es jede Menge tolle Läufe zu sehen. Auch für die vier nominierten Richter gab es viel Lob. Einer davon war Manuel Leonardi, welcher ausgerechnet den Goldlauf von Claudia Schwab richten durfte. Ein Schelm wer hierbei Böses denkt. An die 800 Teams absolvierten ihren Parcours unter den wachsamen Augen des Rommands. Laut eigenen Aussagen soll er dabei an die 53 Kilometer zurückgelegt haben. Da fällt auch der eine oder andere Maroilles nicht ins Gewicht (Anm. d. Red. typisch nord-französischer Käse). Neben Manuel Leonardi standen noch Dominique Dreyer, Alexander Beitl und Linda Bourasse im Ring.Wie schon erwähnt war ja da noch, das Highlight aus patriotischer Sicht der European Open. Nämlich der souveräne Goldlauf der Claudia Schwab und Bi-Black-Sheltie Mitch. Wir gratulieren den beiden an dieser Stelle ganz herzlich und hoffen auf viele weitere tolle Läufe in der Zukunft. Es war definitiv Balsam für die Schweizer Seelen. Oder in anderen Worten umschrieben, aus wenig viel gemacht. Keine Finalqualifikation für eines der Small-/Medium-Teams, dazu nur eine Handvoll für das Finale qualifizierte im Einzelwettbewerb. Dank Länderkombinationswertung rutschten noch einmal eine Handvoll nach. Schlussendlich blieb aber das Edelmetall von Claudia das Einzige an diesem Wochenende. Irgendwie breitete sich Erleichterung aus, als die Flagge der European Open von Vertretern des französischen Komitees, während der Siegerehrung symbolisch in die Hände der Italiener übergeben wurde. Diese werden das Turnier im nächsten Jahr austragen. Da könnte je nach Standort noch die sengende Sonne und Hitze im Juli Seiniges dazu beitragen. An dieser Stelle sei natürlich auch noch einmal erwähnt, dass der Anlass in Frankreich durchaus auch positive Seiten hatte. Ganz zu Schweigen von den blauen emsigen Helfer neben und im Ring, welche an vorderster Front den Unmut der Athleten das eine oder andere Mal zu spüren bekamen. Obwohl diese natürlich am wenigsten für das teilweis herrschende Chaos konnten.